Die einflussreiche Rolle von Allgemeinmedizinern/Hausärzten und Brachytherapie in der Prostatakrebsversorgung
Neue Richtlinien in Zusammenhang mit dem PSA-Test dürften die Prostatakrebs-Ergebnisse in Australien verändern. Die Richtlinien, die empfehlen, dass asymptomatischen Männern im Alter von 50-69 Jahren alle zwei Jahre ein PSA-Test angeboten wird¹, treten anstelle der Richtlinien der US Preventative Services Task Force und früherer abweichender Richtlinien in Australien, die manche Urologen als Ursache für eine Zunahme im Auftreten von metastasierendem Prostatakrebs ansehen². Natürlich machten sich negative Folgen bemerkbar, als von Früherkennungsuntersuchungen abgeraten wurde, obwohl nachgewiesen ist, dass die Sterblichkeit durch Prostatakrebs geringer ist, wenn Männer regelmäßig daraufhin untersucht werden³. Angesichts der Tatsache, dass Prostatakrebs in Australien die dritthäufigste Ursache der Todesfälle durch Krebs bei Männern ist, können Maßnahmen zur Verbesserung der Früherkennung nur dazu beitragen, die Sterblichkeit zu senken.
Doch Bemühungen zur Verbesserung der Ergebnisse erfordern auch, dass ein ähnlicher Schwerpunkt auf die Behandlung gelegt wird. Da die Möglichkeit der Wahl mittlerweile ein Schlüsselelement der patientenorientierten Behandlung ist, können wir uns glücklich schätzen, dass uns verschiedene Behandlungsoptionen für Prostatakrebs zur Verfügung stehen – doch wir könnten wohl mehr tun, um sicherzustellen, dass neu diagnostizierte Patienten die volle Bandbreite verstehen. Für viele wird Brachytherapie zu diesen Optionen gehören – ein gleichwertiges Pendant zu herkömmlichen Behandlungen⁴, das wichtige Vorteile in Bezug auf Lebensqualität, Komfort und Patientenerfahrung bieten kann. Trotz dieser Vorteile sind Bekanntheitsgrad und Nutzung der Brachytherapie nach wie vor gering. Es ist eine verpasste Gelegenheit. Die neuen Leitlinien, die Hausärzten/Allgemeinmedizinern eine aktivere Rolle bei der Frühdiagnose zugestehen, bieten Ärzten jedoch die Möglichkeit, ihre vertrauensvolle Beziehung zu den Patienten zu nutzen und ihnen beim Treffen umfassend fundierter Entscheidungen im Hinblick auf ihre Versorgung zu helfen.
Komplexe Auswahl
Die Wahl der Behandlung bei lokalisiertem Prostatakrebs ist mit Sicherheit komplex und wird durch Faktoren wie Alter und Komorbidität, Krebscharakteristika, Verfügbarkeit der Behandlung und persönliche Präferenzen beeinflusst. Ein fundamentales Prinzip ist, dass den Patienten während des Entscheidungsprozesses umfassende Informationen, Zugang zu multidisziplinären Eingaben und psycho-soziale Unterstützung zur Verfügung stehen. Um dies zu erreichen gibt es zwar verschiedene Modelle, doch bei allen spielt der Hausarzt eine wesentliche Rolle.
Die USANZ empfiehlt, Patienten die Möglichkeit zu geben, eine Stellungnahme von einem Radioonkologen zu allen verfügbaren Behandlungsoptionen einzuholen⁵. Die Target Cancer-Kampagne des RANZCR hält Hausärzte für am besten geeignet, dies in der Überweisungsphase zu ermöglichen. Darüber hinaus bieten die Leitlinien der Optimal Care Pathways detaillierte Informationen zu einem ganzheitlichen Ansatz in der Krebsbehandlung⁶, während die PCFA Prostatakrebs-Pflegestützkräfte weitere Ressourcen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung von Patienten bereitstellen. Wir müssen all diese Ressourcen maximieren, um Patienten zu helfen, gut fundierte Entscheidungen zu treffen.
Brachytherapie: zu wenig verwendet
Aktive Überwachung ist jetzt eine Option für Patienten mit Prostatakrebs im Frühstadium, doch Patienten, die eine radikale Behandlung wünschen oder bei denen eine aggressivere Erkrankung besteht, ist eine Operation (radikale Prostatektomie (RP) oder robotergestützte radikale Prostatektomie) weiterhin die gängigste Primärbehandlung bei Prostatakrebs. Daneben ergänzen die externe Bestrahlung (EBRT) und die Brachytherapie die Optionspalette. Doch obwohl die Brachytherapie für viele Patienten eine Alternative darstellt, ist sie eine wenig bekannte Option, der nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Brachytherapie ist eine hochpräzise, zielgerichtete Strahlentherapie, die mittels computergestützter Behandlungsplanung und bildgeführten Bereitstellungssystemen eine maßgeschneiderte ablative Tumordosis an die Prostata abgibt und die umliegenden Organe dabei schont. Es gibt zwei Techniken: Brachytherapie mit niedriger Dosisrate (Low-Dose-Rate, LDR), bei der radioaktive Seeds dauerhaft in das Prostatagewebe implantiert werden, und Brachytherapie mit hoher Dosisrate (High-Dose-Rate, HDR), bei der die radioaktive Quelle über implantierte Nadeln vorübergehend in die Prostata eingebracht wird. Brachytherapie kann als Monotherapie oder in Kombination mit EBRT verwendet werden.
LDR-Monotherapie
Etablierte und sich jüngst abzeichnende Beweise sprechen für eine breitere Nutzung der Monotherapie-Brachytherapie. Eine vergleichende Wirksamkeitsstudie der Prostate Cancer Study Group aus dem Jahr 2012 evaluierte mehr als 50.000 Patienten mit niedrigem, mittlerem und hohem Erkrankungsrisiko, die mit allen verfügbaren Primärbehandlungsoptionen therapiert wurden⁴,⁷. Sie befand, dass die LDR-Monotherapie-Brachytherapie als hervorragende Alternative zur Operation bei Patienten mit niedrigem und günstigem mittlerem Prostatakarzinom-Risiko angesehen werden kann. Patienten mit geringerem Risiko, die mit einer LDR-Monotherapie behandelt wurden, wiesen PSA-rezidivfreie Überlebensraten (RFS) auf, die denen für EBRT und RP in etwa entsprachen; das langfristige biochemische RFS lag nach 12 Jahren bei 89 %⁸. Die LDR-Monotherapie-Brachytherapie hat sich auch bei Patienten mit ausgewählter günstiger Erkrankung mit mittlerem Risiko als Option bewährt, wobei auch hier eine dauerhafte PSA-RFS erreicht wurde; die langfristige biochemische RFS lag nach 12 Jahren bei 78 %⁸.
Jüngste lokale Daten zeigen die positiven Auswirkungen der LDR-Monotherapie bei klinisch lokalisiertem Prostatakrebs mit niedrigem bis mittlerem Risiko in der Gemeinschaft – sie belegen ausgezeichnete Raten des biochemischen RFS und des Gesamtüberlebens (OS)⁹. Die Studie, die 371 zwischen 2004 und 2011 mit einer LDR-Monotherapie behandelte Patienten evaluierte und eine signifikante TURP-Kohorte einschloss, berichtete über ein OS von 96 % mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,5 Jahren, wobei 98 % mindestens 4 Jahre nachbeobachtet wurden. Das biochemische 5-Jahres-RFS für die gesamte Kohorte betrug 95 %⁹.
Bessere Erfahrung
LDR- und HDR-Brachytherapie weisen, verglichen mit EBRT und RP, ein geringeres Risiko von Sexualstörungen auf. Die unlängst durchgeführte ProtecT-Studie stellte unter Beweis, dass das Risiko einer Harninkontinenz nach einer Strahlentherapie geringer ist als bei einer aktiven Überwachung. Die Daten lassen darauf schließen, dass das Risiko einer Harninkontinenz bei der Brachytherapie weniger als 1 % beträgt ⁹,¹º, obwohl kurzfristige Irritationen oder obstruktive Probleme im unteren Harntrakt auftreten können. Brachytherapie ist auch mit kürzeren Rekonvaleszenzzeiten im Vergleich zur Operation verbunden und bietet im Vergleich zur EBRT¹¹ eine bedeutend kürzere Behandlungsdauer, was bedeutet, dass sie weniger in das Leben der Patienten eingreift.
Kombinierte Brachytherapie
Brachytherapie kann auch bei Prostatakrebs mit mittlerem und hohem Risiko zum Einsatz kommen. Die ASCENDE-RT-Studie ergab, dass ein LDR-Brachytherapie-Boost kombiniert mit EBRT einem Dosis-eskalierten EBRT-Boost überlegen ist und eine signifikante Erhöhung der Überlebensraten aufweist¹².
Die Gesamtüberlebensrate spielt eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Brachytherapie – ein entscheidendes Argument bei der Widerlegung eines Missverständnisses, das den Einsatz der Brachytherapie bisher möglicherweise behindert hat. Die Schlussfolgerung, dass eine Operation bei Versagen einer Brachytherapie niemals eine Option ist, ist möglicherweise unzutreffend. Robotergestützte Salvage-Prostatektomie ist anscheinend für ausgewählte Patienten eine zuverlässige Behandlungsmethode mit guten onkologischen Ergebnissen und akzeptablen Kontinenzraten¹³. In den seltenen Fällen, in denen Brachytherapie nicht erfolgreich ist, ist die Operation weiterhin eine Möglichkeit.
Eine weitere primäre Option
Es gibt kaum Zweifel daran, dass die Evidenzbasis die stärkere Berücksichtigung und Verwendung der Brachytherapie als primäre Behandlungsoption unterstützt. Da auch ländliche Zentren diese Dienste zunehmend anbieten, ist der Zugang an sich kein Hindernis mehr. Anderswo auf der Welt nutzen Aufsichtsbehörden diese Erkenntnisse, um ihre Richtlinien zur Nutzung der Brachytherapie zu erweitern. Ein jüngstes Beispiel ist, dass Cancer Care Ontario die neuesten Erkenntnisse nutzt, um die LDR- und HDR-Brachytherapie sowohl als Monotherapie als auch als Boost in Kombination mit EBRT bei definierten, hierzu geeigneten Patientengruppen zu empfehlen¹⁴.
Die Herausforderung für das australische Gesundheitswesen besteht darin, die Position der Brachytherapie als primäre Überlegung neben RP und EBRT zu festigen. Hausärzten kann hierbei eine wichtige Rolle zukommen, indem sie den Patienten helfen, das gesamte Spektrum der Behandlungsoptionen und die damit verbundenen Auswirkungen auf RFS, OS und Lebensqualität zu verstehen. Grundsätzlich ist es unser aller Pflicht, dafür zu sorgen, dass Patienten in die Lage versetzt werden, informierte Entscheidungen zu treffen. Da die Belastung durch Prostatakrebs in Australien zunimmt, können Allgemeinpraktiker viel mehr sein als der überweisende Arzt – sie können einen entscheidenden Dialog eröffnen, der die Entscheidungsfindung fördert und zu besseren Ergebnissen führt.
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